Tierreich (Roman)

2019 erschien bei Matthes & Seitz Berlin der französische Roman Tierreich von Jean-Baptiste Del Amo in deutscher Übersetzung von Karin Uttendörfer. Es ist bereits der vierte Roman des 1981 geborenen Schriftstellers Del Amo, der sich neben dem Schreiben für die Tierschutzorganisation L214 engagiert, die sich für den Schutz sogenannter Nutztiere einsetzt. Dieses Engagement scheint sich nun auch im mit dem Prix du Livre Inter ausgezeichneten Roman Tierreich niederzuschlagen. Der Roman erzählt in vier Kapiteln die Geschichte einer Familie, die über fünf Generationen von 1898 bis 1981 in der südfranzösischen Gemeinde Puy-Larroque Schweine züchtet, ausbeutet und schlachtet. Was als Familienbetrieb begann, muss im Laufe der Zeit durch die äußeren Umstände und die immer weiter fortschreitende Industrialisierung zu einer alles verschlingenden Massenanlage umgebaut werden, um weiterbestehen zu können. Der Roman beschreibt damit nicht nur die Ausbeutung der Schweine, sondern auch die der Menschen, deren Mitgefühl, Gesundheit, Lebensträume und Selbstverwirklichung vollkommen auf der Strecke bleiben. Sie durchleben die Schrecken der Weltkriege, wirtschaftliche Krisen sowie familiäre und emotionale Tragödien, an denen Del Amo auch die Lesenden teilhaben – durch seinen unglaublich packenden Schreibstil schon fast miterleben – lässt. Die minutiöse Schilderung aller noch so grausamen Ereignisse – seien sie auf Menschen oder Schweine bezogen – lässt einen so manches Mal erschaudern, doch das Buch wegzulegen ist keine Option. Dafür ist es zu spannend geschrieben. Sicher nichts für Leute mit schwachem Gemüt, aber dennoch unglaublich empfehlenswert – vor allem für all diejenigen, die immer noch denken, die Ausbeutung von Menschen und anderen Tieren sei für ein kurzes „Geschmackserlebnis“ hinnehmbar.