Stefanie Rückert:
Gelassen vegan leben – Dein Reisebuch für das Leben in einer nicht-veganen Welt
Eigenverlag, Kröppelshagen-Fahrendorf, 2020
Menschen, die sich entscheiden, aus ethischen Gründen keine Tierprodukte mehr zu konsumieren und sich für eine Welt einzusetzen, die frei von Ausbeutung von Menschen und Tieren* sein soll, kennen das Gefühl: Das Leben in einer nicht-veganen Welt ist schwierig und warum erkennen nicht alle Menschen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit? Oft können diese Gedanken und die Erlebnisse in einer Welt voller Tierausbeutung dazu führen, dass sich Aktivist*innen an ihnen aufreiben oder sogar ausbrennen.
Stefanie Rückert legte im September 2020 mit Gelassen vegan leben – Dein Reisebuch für das Leben in einer nicht-veganen Welt ein Büchlein vor, das Aktivist*innen dabei helfen soll, nicht an der Welt, so wie sie gerade ist, zu verzweifeln. Und vorweg: Auch nach einigen Jahren in der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung hat mir dieses kleine Hilfsmittel sehr gefallen. Das Buch bietet viele Methoden an, die dabei unterstützen sollen, den Weg in eine vegane Welt zu erleichtern. Aktivismus ist ein Marathon und kein Sprint. Dieser Satz dürfte vielen langjährigen Aktivist*innen bekannt sein. Gelassen vegan leben ist ein Buch, das bei diesem Marathon hilft, sich auch einmal auszuruhen und zu wissen, was brauche ich eigentlich, um meine Kondition aufrechtzuerhalten – um im metaphorischen Bild zu bleiben.
Nach einer Einleitung und Hinweisen zur Nutzung des Buchs geht Stefanie in die Vollen, zumindest was verschiedene Methoden anbelangt. Am Beginn des Buchs wird den Lesenden eine Standortbestimmung angeboten. Mithilfe eines Fortschrittsrades wird die Position innerhalb verschiedenster Kategorien (Freundschaft, Partnerschaft, Mut, Gesundheit, usw.) bestimmt. Dies kann als Ausgangspunkt für die kommende Reise gesehen werden. Am Ende des Buchs gibt es weitere Vorlagen des Fortschrittrades, sodass im Laufe der Zeit die eigene Entwicklung betrachtet werden kann. Weiter geht es mit einer Träumerei: Wie kann – oder besser sollte – dein idealer Alltag aussehen, nicht bestimmt durch die äußeren Einflüsse, sondern vielmehr stehen die eigenen Schwerpunkte im Zentrum – so wie übrigens im gesamten Buch. In der folgenden Wertetabelle können die eigenen Wertvorstellungen eingerahmt oder, wenn nicht vorhanden, ergänzt werden. Weiter geht die Reise mit der Suche nach einer eigenen geheimen Identität. Dabei wird nach mehreren Zwischenschritten der*die eigene innere Superheld*in gefunden. Dafür werden sowohl die Stärken und Schwächen als auch die Superkräfte des*der Superheld*in ergründet.[1] Aber kein*e Superheld*in ohne Gegenspieler*innen: So wird im nächsten Schritt der „Bösewicht“ gesucht, der dem*der Superheld*in entgegenspielt. Hier werden Dinge gesucht, die einem*einer selbst als Hindernisse im Weg liegen. Weiter finden sich Tipps dafür, wie eigene Power Ups und Verbündete gefunden werden können. Auch ein Vorschlag für einen imaginären Notfallkoffer ist im Buch zu finden. Hier werden Tipps gegeben, was getan werden kann, wenn beispielsweise eine Diskussion wieder einmal kräftezehrend gewesen ist. Dies sind natürlich nur einige Methoden, die Stefanie in ihrem Büchlein aufführt. Nebenbei gibt es immer wieder persönliche Tipps der Autorin* und sehr viel Platz für eigene Notizen.
[1] Die Methode darf nicht mit der Konstruktion von Held*innen als Vorbild verwechselt werden. Held*innen sind oft Einzelpersonen, die durch ihre Singularität eine besondere Stellung in einer fiktiven Gesellschaft einnehmen. Aktivist*innen sind jedoch Menschen und ihre Handlungen sind nicht singulär, sondern überall auf der Welt zu finden. Mit Tina Turner ließe sich sagen: We don‘t need another hero. Vielmehr brauchen wir viele Aktivist*innen, die für eine bessere, gerechtere Welt kämpfen.
Das Buch ist gedruckt auf Graspapier und mit liebevollen Zeichnungen gespickt. Außerdem gibt es ergänzend ausführlichere Anleitungen zu einzelnen Übungen sowie eine Menge Audio-Input zu den Übungen. Für Aktivist*innen – egal, ob neu oder lange dabei – bietet das Werk viele kleinere und größere Hilfen an, um den Marathon mit Namen Aktivismus lange durchzuhalten. Dem kleinen Reiseführer ist eine gute Resonanz zu wünschen und vielleicht hilft das Büchlein Aktivist*innen, mit genügend Pausen lange im Kampf für eine Welt ohne Ausbeutung von Menschen und Tieren* aktiv zu sein.
Zu beziehen ist das Buch übrigens bei Von Herzen Vegan.