Jeffrey M. Masson:
Die verborgene Seele der KĂŒhe â Das geheime Leben von Rindern, HĂŒhnern, Schweinen und anderen Hoftieren
Wilhelm Heyne Verlag, MĂŒnchen, 2018 (2. Auflage)
ISBN: 978-3-453-60461-2
Im MĂ€rz 2018 erschien im Wilhelm Heyne Verlag die zweite Auflage der erweiterten Taschenbuchausgabe von Jeffrey M. Massonâs Die verborgene Seele der KĂŒhe â Das geheime Leben von Rindern, HĂŒhnern, Schweinen und anderen Hoftieren, das bereits 2003 als amerikanische Originalausgabe unter dem Titel The Pig Who Sang to the Moon â The Emotional World of Farm Animals veröffentlicht wurde. Auch wenn es erst aus den jeweiligen Untertiteln ersichtlich wird, beschreibt das Buch die komplexen GefĂŒhle und BedĂŒrfnisse verschiedener sogenannter âNutzâtiere.
Nach einem Vorwort und der Geschichte von Piglet â dem Schwein, dem die Originalausgabe ihren Titel verdankt â wird das Buch unter anderem eingeleitet mit der Frage nach dem guten Leben und der Feststellung des Autors, dass dieses mit Tierausbeutung nicht in Einklang zu bringen ist:
âIch glaube einfach nicht daran, dass irgendjemand dafĂŒr sorgen wird, einem Tier ein âgutes Lebenâ zu bereiten, wenn dessen einziger Daseinszweck darin besteht, als Mahlzeit auf dem Esstisch zu landen.â
S. 22
Im Hauptteil des Buches widmet sich Masson dann in einzelnen Kapiteln den BedĂŒrfnissen und GefĂŒhlen von Schweinen, HĂŒhnern, Schafen, KĂŒhen und Enten. Er schildert dafĂŒr seine eigenen Erfahrungen mit diesen Tieren, gibt aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse aus alten und neuen Studien wieder und erzĂ€hlt von Begegnungen mit Menschen und anderen Tieren auf Lebenshöfen. Am Ende des Buches diskutiert Masson die Frage nach dem GlĂŒck und der Bedeutung eines glĂŒcklichen Lebens fĂŒr Menschen und nichtmenschliche Tiere, bevor er zu seinen Schlussbetrachtungen ĂŒbergeht. Hier betont er zusammenfassend die âFĂ€higkeit zu emotionaler KomplexitĂ€t und IntensitĂ€tâ (S. 325) aller âNutzâtiere, die heute ausgebeutet werden. Und die Konsequenz von der Geschichtâ? Masson schlĂ€gt den Leser*innen â sofern sie seine Ansichten nach der LektĂŒre des Buches teilen â den Umstieg auf einen veganen Lebensstil vor, auch wenn er selbst (zumindest zum Zeitpunkt der Veröffentlichung) noch Vegetarier mit Wunsch zum Veganer ist (oder war). Doch auch die Agrarindustrie im Allgemeinen wird hier noch deutlich kritisiert.
Insgesamt kann das Buch als gelungene Form der Wissensvermittlung ĂŒber sog. âNutzâtiere, ihre ânatĂŒrlichenâ Lebensweisen und BedĂŒrfnisse, ihre GefĂŒhle und vieles mehr gesehen werden â wahrscheinlich auch deshalb, weil anekdotische ErzĂ€hlungen und wissenschaftliche Kenntnisse im (fĂŒr ein Sachbuch) perfekten VerhĂ€ltnis miteinander verknĂŒpft werden. Gleichzeitig wird auch die langjĂ€hrige BeschĂ€ftigung des Autors mit dem Thema deutlich, ebenso wie seine vielfĂ€ltigen Erfahrungen und Begegnungen durch â wahrscheinlich unzĂ€hlige â Besuche und Recherchen in Tierausbeutungsbetrieben einerseits sowie Lebenshöfen und Tier*-Organisationen andererseits. Auch ein hoher Tierschutz-, vielleicht sogar Tierrechtsanspruch des Autors mit Sympathien fĂŒr Tierbefreiungsaktionen wird dabei immer mal wieder deutlich:
â[âŠ] erscheint es besonders grausam, ein Huhn [âŠ] in einen kleinen KĂ€fig zu sperren, es der Möglichkeit zu berauben, sich entsprechend seiner biologischen Entwicklung fortzupflanzen, alle familiĂ€ren Bande zu zerstören, sein Leben um mehr als die HĂ€lfte zu verkĂŒrzen und dann ĂŒber Leute zu klagen, die das Huhn an seinen natĂŒrlichen Ort in der Welt zurĂŒckversetzen wollen â nicht unter uns, sondern neben uns.â
S. 156 (Hervorhebung im Original)
Da mag es dann vielleicht auch nicht mehr verwundern, dass bei den nĂŒtzlichen Adressen am Ende des Buches auch der Verein die tierbefreier e.V. aufgefĂŒhrt ist.
Dennoch muss ich vorwarnen: Das Buch wird wahrscheinlich jede*r mit einem lachenden und einem weinenden Auge lesen. Die positiven ErzĂ€hlungen und lustigen Anekdoten vom Leben der Tiere* auf Lebenshöfen und in Freiheit stehen immer auch im Kontrast zum Dasein der Tiere in der Tierindustrie â das eben nicht einmal âLebenâ genannt werden kann, wie Masson richtig feststellt. Nichtsdestotrotz ist das Buch sehr empfehlenswert â vor allem, um sich endlich auch mal mit den grundlegenden BedĂŒrfnissen der sog. âNutzâtiere auseinanderzusetzen, fĂŒr deren Befreiung wir tagtĂ€glich einstehen.