
Jocelyne Porcher & Jean Estebanez (Hrsg.):
Animal Labor â A New Perspective on Human-Animal Relations
transcript Verlag, Bielefeld, 2019
ISBN: 978-3-83764-364-0
Im Jahr 2019 erschien im transcript Verlag das Buch âAnimal Labor â A New Perspective on Human-Animal Relationsâ, herausgegeben von Jocelyne Porcher (Wissenschaftliche Leiterin am âInstitut national de la recherche agronomiqueâ, INRA) und Jean Estebanez (Geographie-Dozent an der UniversitĂ€t Paris-Est CrĂ©teil). Laut Beschreibungstext soll das Buch spannende Fragestellungen erörtern und neue Perspektiven auf tierliche Arbeit eröffnen: âDo animals work? Is it possible to work with animals without exploiting them? Might animals even be empowered through work?â. Um diesen Fragen nachzugehen, folgen dem Vorwort von Christophe Dejours und einem Einleitungstext von Jocelyne Porcher und Jean Estebanez drei Teile mit insgesamt neun Fallstudien. Der erste Teil widmet sich unter dem Titel âWorking is not functioningâ in drei Studien Robotern, Hunden, Pferden und Tieren in den Medien. Im zweiten Teil âWorking is cooperating to live togetherâ beleuchten vier Studien die Forschung zur Zusammenarbeit von Elefanten, Leit-/ Blindenhunden, MilitĂ€r-/ Polizeihunden und HĂŒtehunden mit Menschen. Der dritte Teil âWorking is to create wealthâ fragt in zwei Studien nach der Produktion in der Landwirtschaft und bei Arbeitspferden.
In den einzelnen Fallstudien werden dabei durchaus interessante und teils neue Perspektiven auf das Mensch-Tier-VerhĂ€ltnis im Arbeitskontext, aber auch auf Arbeit im Allgemeinen entwickelt und diskutiert, die hier nicht weiter vertieft werden sollen. Um dies zu erkennen, darf man sich allerdings nicht vom Einleitungstext der Herausgeber*innen abschrecken lassen â denn dieser kann meines Erachtens dazu fĂŒhren, dass das Buch aufgrund teils bizarrer Behauptungen auch schnell wieder weggelegt wird. So wird beispielsweise die Tierrechtsbewegung immer noch auf Peter Singer reduziert; ihre Theorien und Ziele werden als ignorant dargestellt, da sie nicht zwischen Tierindustrie (âlivestock industryâ) und Tierhaltung (âanimal husbandryâ) unterscheiden, sondern Tierausbeutung als Ganzes abschaffen wollen. Dieser Vorwurf gilt dabei nicht nur der Tierrechtsbewegung, sondern auch der Mehrzahl der UniversitĂ€ten, die sich den Themenfeldern Animal Studies, Human-Animal Studies und Critical Animal Studies widmen. DarĂŒber hinaus gehen die Herausgeber*innen scheinbar davon aus, dass Mensch-Tier-Beziehungen nur durch tierliche Arbeit (âAnimal Laborâ) ĂŒberhaupt entstehen können â zur Arbeit der Tiere zĂ€hlt dann beispielsweise auch ihr Auftreten in Zirkussen oder ihr Dasein in Zoos und Tierparks. Diese Ansicht kann man teilen oder auch nicht, je nach VerstĂ€ndnis des Arbeitsbegriffs. Abstrus wird es meines Erachtens aber spĂ€testens dann, wenn die Herausgeber*innen meinen, dass Tiere arbeiten, um Fleisch zu âproduzierenâ oder dass Mensch-Tier-Beziehungen vollstĂ€ndig verschwinden könnten, wenn nur noch vegane Produkte produziert und konsumiert wĂŒrden. Mit diesem Hintergrund kann es meines Erachtens nicht gelingen, die Fragestellungen des Klappentextes wirklich zu beantworten â vor allem nicht die fĂŒr die Tierrechts-/ Tierbefreiungsbewegung womöglich spannendste Frage, ob eine Zusammenarbeit mit Tieren ohne Ausbeutung möglich sein kann. Ich hĂ€tte mir hier einen anderen Ausgangspunkt gewĂŒnscht, auf dem auch aus Tierrechts-/ Tierbefreiungsperspektive aufgebaut werden kann. Dennoch kann das Buch sicherlich spannende Impulse liefern, um ĂŒber tierliche Arbeit aus eben dieser Perspektive nachzudenkenâŠ