Tiere in der Forschung

Dieter Sturma, Dirk Lanzerath (Hrsg.):
Tiere in der Forschung – Naturwissenschaftliche, rechtliche und ethische Aspekte
Verlag Karl Alber, Freiburg / München, 2016
ISBN: 978-3-495-48761-7

Nichtmenschliche Tiere werden – obwohl bei den meisten Spezies klar ist, dass sie Schmerz und Leid empfinden können – in wissenschaftlichen Studien als Versuchs“objekte“ verbraucht. Für Aktivist*innen, die sich gegen Tierversuche engagieren, sind Informationen aus verschiedensten Themenbereichen von Nöten. Häufig muss dabei eine langwierige Recherche in Datenbanken oder Bibliotheken durchgeführt werden. Der Sammelband „Tiere in der Forschung“ erleichtert Aktiven – wenngleich ein wissenschaftliches Publikum die Zielgruppe sein dürfte – ihre Suche. In insgesamt vier größeren Kapiteln wird sich der Thematik vielfältig angenähert. „Tierversuche und Versuchstiere“ (Kap. I), „Alternativmethoden“ (Kap. II) sowie „rechtliche“ (Kap. III) und „ethische“ (Kap. IV) Aspekte bilden das Gerüst des Buches.

Im ersten Kapitel werden die verschiedenen Forschungsbereiche, in denen „Versuchstiere“ genutzt werden, dargestellt. Auch die Frage nach der Speziesherkunft der „Versuchstiere“ wird thematisiert. Gespickt ist das erste Kapitel mit jeder Menge Tabellen und Grafiken, die unter anderem die Entwicklung des Tierverbrauchs darstellen. Die aus naturwissenschaftlicher Perspektive gestellte Frage nach der Übertragbarkeit der Versuchsergebnisse von Tieren* auf Menschen wird hier ebenfalls diskutiert. Das zweite Kapitel wartet mit einer Sammlung und Kurzvorstellung von „Alternativmethoden“ zum Tierversuch auf. Detailliert – nach einzelnen medizinischen Fachgebieten – werden einzelne Methoden, z.B. Zellkulturen, Mikrochips usw., vorgestellt. Versuche an Tieren, die bereits heute ersetzt werden, werden anschließend bearbeitet – der Verweis, dass es „noch nicht ersetzbare“ Tierversuche gäbe, wird in „Tiere in der Forschung“ getätigt. Die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Tierschutzbewegung (von Ablehnung aller Tierversuche bis zu „lebenswichtige“ Tierversuche sind Ordnung) werden vorgestellt, ebenso wie naturwissenschaftliche und rechtliche Probleme und Lösungsvorschläge. Mit den explizit rechtlichen Fragestellungen beschäftigt sich Kapitel III. Ausgehend von der Feststellung, dass es keinen einheitlichen Rechtskorpus gibt, der sich geschlossen mit Problemen des Tierschutzes beschäftigt, wird sich verschiedenen rechtlichen Fragestellungen in Bezug auf „Versuchstiere“ genähert. Dem nationalen Recht mit seinen Schutzvorschriften und Genehmigungsverfahren folgt ein Unterkapitel zu internationalen (völkerrechtlichen) Regelungen. Einzelne Probleme (Tierschutz als Staatsziel vs. Forschungsfreiheit) oder Fallbesprechungen finden ebenfalls ihren Platz im Kapitel. Den ethischen Fragen rund um Tierversuche widmet sich das vierte Kapitel. Vorgestellt werden hier unter anderem tierethische Grundaspekte bzw. -positionen. Die Positionen der Tierschutzbewegung werden die der Tierrechtsbewegung gegenübergestellt, wobei in Bezug auf Tierversuche der radikalere Ansatz der Tierrechtsbewegung betont wird. Wie in den anderen Kapiteln wird auch hier ein Ansatz verfolgt, der praktische Problemlagen und Fragestellungen anreißt. Wer ist Teil einer moralischen Gemeinschaft und wie sollten die Interessen der Beteiligten gewichtet werden? Grundfragen (aber nicht nur) der Tierethik werden hier am Themenfeld der Versuche an lebenden (oder getöteten) Tieren gestellt und bearbeitet. Allen Kapiteln ist ein umfangreicher Fußnotenapparat beigestellt und es wird eine Literaturliste zur Verfügung gestellt. Beides sind wichtige Hilfsmittel für eine weitere Recherche.

Auch wenn Tierrechtsaktivist*innen und Anti-Tierversuchs-Aktive nicht die Zielgruppe der Veröffentlichung sein dürften, ist sie für diese ein schnelles und griffiges Nachschlagewerk – auch, wenn die klar ablehnende Position zu Tierversuchen im Buch nicht durchkommt. Es ist eben keine politische Streitschrift, sondern ein Sachstandsbericht und als solcher auch zu empfehlen.